Das Virtuelle Festival ist Realität

Virtuelles Event und digitale Markentransformation am Beispiel VRHAM! virtual.

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Kunst braucht Räume für den Diskurs. Ein Festival lebt von der persönlichen Begegnung zwischen Publikum und Künstler*innen. VRHAM! Virtual Reality & Arts Festival ist das erste internationale Festival, das seit 2018 VR-Kunst und deren Macher*innen aus aller Welt präsentiert. 2020 ging das Festival einen bedeutsamen Schritt weiter und verlegte Festivalort und Diskursraum komplett in die virtuelle Realität. Ulrich Schrauth, Künstlerischer Leiter von VRHAM! im Kurz-Interview:

Die virtuelle Edition von VRHAM! ist nun schon ein paar Monate her. Welche Erinnerungen sind hängengeblieben?

Es war für uns alle ein Wagnis, ein großes Experiment, das am Ende gelungen ist. Ich erinnere mich sehr gerne an die Erleichterung nach der Eröffnung, die uns vor viele Herausforderungen gestellt hat. Das gesamte Team hat mitgefiebert und jede*r hat sich voll eingebracht. Auch unser Abschlusskonzert in Kooperation mit dem Schleswig-Holstein Musikfestival und der NORDAKADEMIE Stiftung, das in unseren virtuellen Festivalort übertragen wurde, war großartig und auch für die Musiker*innen  eine völlig neue Erfahrung. Sehr emotional war auch eine meiner Führungen durch die virtuelle Ausstellung, an dem zwei Menschen teilgenommen hatten, die real zu der Zeit getrennt auf zwei verschiedenen Kontinenten waren und bei uns gemeinsam die Ausstellung besuchen konnten. Das Virtuelle hat also auch eine verbindende Kraft und schafft Nähe, das ist wirklich großartig! Das Feedback unserer Partner*innen und Sponsoren war durchweg positiv, bereits vor dem Festival, aber auch im Nachhinein. Sie waren begeistert, dass wir überhaupt diesen Weg, ein Kunstfestival mit Begegnung und sozialer Interaktion in den virtuellen Raum zu verlegen, gegangenen sind. Aber das Schönste war für uns eigentlich zu sehen, wie offen und flexibel die Künstler*innen auf die Situation reagiert und uns auf dem Weg komplett vertraut haben, ihre Kunst gemeinsam in den virtuellen Raum zu übertragen.

Was waren in der Planung und Durchführung die größten, oder vielleicht: die unerwarteten Herausforderungen?

Die Hauptphase der Planung fiel in den ersten Corona-Lockdown. Das Team hat sich zum Teil nur über Zoom ausgetauscht, ohne sich persönlich zu kennen. Das war einerseits komisch, hat aber andererseits auch Kräfte und Energien freigesetzt. Es kamen verschiedene Projekttools zum Einsatz, man hat sich vielleicht noch konzentrierter und fokussierter der Festivalvorbereitung gewidmet, natürlich auch deshalb, weil wir komplett umdenken mussten. Bei einem solchen Experiment gibt es allerdings auch viele Unbekannte. Wir haben erstmals mit dem Museum of Other Realities zusammengearbeitet, die Kommunikation fand in anderen Zeitzonen statt, auch für sie war unser Festival neu und man musste sich aneinander gewöhnen. Grundsätzlich stellten uns auch die mehrdimensionale Technik vor sehr große Herausforderungen – egal wie viel wie vorher geprobt haben, wenn dann live eine technische Komponente ausfällt, müssen alle blitzschnell reagieren. Auch gab es Kunstwerke, die wir im physischen Raum gezeigt hätten, die sich aber auf die virtuelle Variante nicht übertragen ließen. Das ist auch eine der großen Herausforderungen und Ziele für die Zukunft: noch mehr technischen Hürden zu durchbrechen und die Möglichkeiten dessen, was im virtuellen Raum künstlerisch möglich ist, immer weiter auszubauen.

Welche Elemente aus der virtuellen Veranstaltung eignen sich für auch für ein hybrides Event, das VRHAM in Zukunft sein könnte?

Neben dem physischen Festivalort für Publikum und Künstler*innen die ihre Werke persönlich präsentieren, kann mit Hilfe eines zusätzlichen virtuellen Veranstaltungsort beispielsweise das Diskursprogramm mit Speaker*innen aus aller Welt, die vielleicht nicht alle vor Ort sein können, viel weiter und internationaler gedacht werden. Das gesamte physische Festival im Hamburger Oberhafen kann in den virtuellen Raum ausgeweitet werden und wir können eine noch größere Community weltweit ansprechen und einladen, bei unserem Festival dabei zu sein. Darüber hinaus bietet der virtuelle Raum so viel Potential für künstlerische Experimente. Ich bin gespannt, was wir da für spannende Synergieeffekte zukünftig finden und schaffen können.

Unterscheidet sich die Moderation eines virtuellen Events eigentlich von der herkömmlichen?

In diesem Jahr habe ich viele Veranstaltungen, wie die Eröffnung und diverse Gesprächsformate, zwar von einer realen Bühne im Hamburger Oberhafen aus moderiert – allerdings fand die Durchführung der Events im virtuellen Raum statt. Mit einer VR-Brille auf der Nase bedeutet das einerseits im Vorfeld eine ganz andere Vorbereitung – denn mal kurz auf die Notizen schauen oder Fragen ablesen fällt dadurch ganz klar weg. Das heißt für mich noch mal eine ganz andere Konzentration. Andererseits fehlt auch ein wenig der persönliche Kontakt, das Gespür für eine Gesprächssituation – man merkt nicht, wenn beispielsweise gerade eine Person ansetzen will zu reden, das Gespräch muss viel stärker geführt werden und hat weniger Raum sich organisch zu entwickeln. Gleichzeitig muss man sich dann auch sehr viel mehr mit der Technik beschäftigen, beispielsweise bei Präsentationen in der Virtual Reality, und ist viel abhängiger davon, dass diese reibungslos funktioniert.   

Auf welchem Wege erreicht ihr euer gewünschtes Publikum?

In diesem Jahr haben wir auch unsere Kommunikation und unser Marketing überwiegend online gemacht, mit verschiedenen, auch visuellen, Kampagnen, das hat gut funktioniert. Ziel war es, unsere Kanäle bekannter zu machen, auf denen das virtuelle Festival dann stattgefunden hat. Wir haben verstärkt auf Kooperationen gesetzt und auch unseren eigenen Content aufgewertet. In den Vorjahren haben wir im Stadtraum für das Festival geworben und viel regionale Öffentlichkeitsarbeit gemacht. 2021 muss es einen Kommunikationsmix geben aus einer gezielten Ansprache des nationalen und internationalen Fachpublikums auch für eine mögliche digitale Erweiterung  unseres Festivals plus eine Kampagne für kunstinteressierte, neugierige Menschen nicht nur aus Hamburg, die Lust haben, wieder zu reisen, sich zu begegnen, einen tollen Festivalort und großartige VR-Kunst aus aller Welt zu erleben.      

Das Designbüro giraffentoast in Berlin und Hamburg unterstützt VRHAM! als Partner für Kommunikation und Branding. Hierzu steuerten die Kreativen 2020 Konzept und Animated Graphics für die Transformation zur digitalen Marke bei. Das Branding eines virtuellen Festivals sollte den aufregenden Erlebnischarakter einer Welt, in der alles möglich ist, unterstreichen – und die Furcht vor technologischer Kompliziertheit nehmen. So wird VR ein Genuss für alle.

Mehr: https://www.giraffentoast.de/kunst-kultur-digital/

Holger Markewitz-Peters | giraffentoast design GmbH
Ulrich Schrauth | Künstlerischer Leiter VRHAM!

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