Seiner Meinung nach müssen Touristen ein Versprechen der „Reise-Klischees“ einlösen, dass Ihnen die Reisebranche oktroyiert hat und was gar nicht zu schaffen ist. Dies führt zum Selbstbetrug und zur Enttäuschung. Gibt es also überhaupt Traum-Destinationen?
Seine Thesen haben sich nun seit dem Ausbruch von Covid-19 verstärkt und führen nicht nur zu den Frage, ob das Reisen nicht mehr hilft sondern sogar, ob es nicht mehr möglich ist. Vielleicht gewöhnen wir uns ja das Reisen auch völlig ab und stellen fest, dass wir es gar nicht mehr brauchen. Und verhalten uns endlich so nachhaltig wie es sich Greta Thunberg von uns gewünscht hat.

Für mich persönlich gesehen wäre das keine Perspektive und zwar genau aus drei Gründen:
1. Reisen hat bisher immer meinen Horizont erweitert. Ich habe sehr viel gelernt und dabei auch immer neue Ideen entwickeln können. Durch das disruptive Unerwartete gelingt es mir, Dinge in einem völlig anderen Kontext zu sehen.
2. Durch das Reisen gelingt es mir immer Abstand zum Alltag zu bekommen und selbst bei körperlich anstrengenden Touren habe ich es geschafft, mich geistig zu erholen.
3. Gerade nach dem Corona-Lockdown habe ich meine kleine Sommerreise als einen Akt der Befreiung wahrgenommen, ich habe gleichsam das Freiheitsgefühl für mich zurück erobert.
Was lernen wir daraus? Ich finde, dass die Travel Industry – und das betrifft fast alle Sub-Segmente – nach vorne schauen können muss und diese Krise mit Innovationen begegnen kann, die neue Begehrlichkeiten entstehen lassen.
Ein gutes Beispiel ist für mich das Berghain. Bislang das Eldorado für internationale Techno-Fans, das wahrscheinlich alleine jeden Tag ein paar Flieger nach Berlin vollgekriegt hat. Und dann kam der totale Corona-Absturz – nicht 20% Minus, auch keine 50% oder 80%, sondern absolute 100% Minus. Nichts ging mehr. Jetzt läuft das Berghain wieder, dank einer Kunstausstellung in Kooperation mit Christian Boros. Zwar nur wenig Musik, aber dafür ausgebuchte Slots schon Monate im Voraus.
Auch die Salzburger Festspiele, die im diesjährigen Corona-Sommer ihre Veranstaltung durchgezogen haben, konnten erfolgreich reüssieren. Minutiös musste zwar das Programm massgeschneidert, das Publikum reduziert und Abstandskonzepte eingeführt werden, aber es hat funktioniert ohne eine Hotspot zu werden.
Ansätze für die Tourismus-Branche könnten also sein:
# Alternative Nutzung einer Einrichtung (z. B. Berghain)
# Angepasstes, Covid-19 taugliches Konzept (z. B. Salzburger Festspiele)
# Hybride Nutzung von Locations: live/virtuell (z. B. Berlin Travel Festival)
# Individual-Reisen statt pauschaler Massen-Tourismus (siehe welovetravel.berlin)
# Transformation zu mehr Nachhaltigkeit (siehe welovetravel.berlin)
Neben dem Berlin Travel Festival bzw. welovetravel.berlin ist mir #impulse4travel (ein Projekt von Tourismuszukunft und dem VIR) besonders positiv aufgefallen. Hier wird der Ernst der Lage wirklich erkannt und versucht die Zukunft neu zu erfinden.
Michael Moser|CO-CEO Shanghai.Berlin